Grundlagen

Ambulant betreute Wohngemeinschaften bieten die Möglichkeit auch mit einem Pflege- oder Betreuungsbedarf selbstbestimmt mit anderen Personen zusammen zu leben und mit externer Unterstützung den zunehmenden Hilfe- und Pflegebedarf zu meistern / zu bewältigen.

Eckpunktepapier und Merkblätter

Die wichtigsten Merkmale, Hinweise zum Aufbau und zur Förderung finden Sie in diesem Eckpunktepapier ambulant betreute Wohngemeinschaften.

Zur Konzeptentwicklung sind in diesem Merkblatt die wichtigsten Punkte zusammengetragen Checkliste Initiierung einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft.

Entscheidungsfindung - zum Einzug in eine ambulant betreute Wohngemeinschaft. In diesem Merkblatt sind die wichtigsten Punkte aus Sicht von Mieterinnen und Mieter bzw. deren Vertreterinnen und Vertreter zusammengefasst.

Qualitätskriterien - 2013 wurden vom Qualitätsforum ambulant betreuter Wohngemeinschaften (koordiniert durch das Sozialreferat, Amt für Soziale Sicherung der LH München) Qualitätskriterien für ambulant betreute Wohngemeinschaften erarbeitet. Ein Teil der Münchner abWGs tragen diese Qualitätskriterien mit und halten diese in ihrem Arbeitsbereich ein. Entsprechende abWGs sind in unserer abWg-Liste gekennzeichnet.

PfleWoqG

Änderung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (PfleWoqG) – seit 1.8.2023 gibt es die Möglichkeit von „Trägergesteuerten abWGs“ in Bayern (Stand 17.08.2023)

Hintergrund

Das PfleWoqG aus dem Jahr 2008, welches zuletzt am 10.05.2022 verändert wurde, wurde novelliert. Im Juli 2023 wurde durch den bayrischen Landtag das „Gesetz zur Änderung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetztes und weitere Rechtsvorschriften“ in zweiter Lesung verabschiedet. Das Gesetz vom 24.07.2023 wurde im Bayrischen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht.

Das Gesetz trat zum 01.08.2023 in Kraft.

Gesetzgebungsverfahren

Der zweiten Lesung im Landtag am Mittwoch, den 21.07.2023 ist eine Billigung des Entwurfs durch den Ministerrat am 08.03.2023, eine sich daran anschließende Verbandsanhörung, eine Beschlussfassung im Ministerrat am 18.04.2023 sowie eine erste Lesung am 11.05.2023 vorausgegangen.

Im Folgenden stellen wir Ihnen einige zentrale Inhalte und Änderungen, die die abWG betreffen, vor:

Änderungen für die abWGs

Neben den „selbstgesteuerten abWGs“ sind seit der Novellierung in Bayern nun auch sogenannte „trägergesteuerte abWGs“ möglich.

Selbstgesteuerte abWGs

Voraussetzungen für die selbstgesteuerten abWGs sind in Art. 2 Abs. 4 S. 3 PfleWoqG wie folgt umfasst:

Ambulant betreute Wohngemeinschaften sind selbstgesteuert, wenn

  1. die Selbstbestimmung der Mieterinnen und Mieter gewährleistet ist,
  2. die Mieterinnen und Mieter oder deren gesetzliche Vertretungs- oder Betreuungspersonen die Betreuungs- und Pflegedienste sowie Art und Umfang der Betreuungs- und Pflegeleistungen frei wählen können,
  3. die Pflege- oder Betreuungsdienste nur einen Gaststatus, insbesondere keine Büroräume in der oder in enger räumlicher Verbindung mit der ambulant betreuten Wohngemeinschaft haben und
  4. die ambulant betreute Wohngemeinschaft baulich, organisatorisch und wirtschaftlich selbstständig ist, insbesondere kein Bestandteil einer stationären Einrichtung ist, und sich nicht mehr als zwei ambulant betreute Wohngemeinschaften der gleichen Initiatoren in unmittelbarer räumlicher Nähe und organisatorischem Verbund befinden.

Sind diese Vorgaben erfüllt und leben nicht mehr als zwölf pflege- oder betreuungsbedürftige Personen in der selbstgesteuerten abWG gelten für diese die  (vgl. Art. 2 Abs. 4 S. 4 PfleWoqG):

  • Bestimmungen des dritten Teils Besondere Vorschriften für selbstgesteuerte ambulant betreute Wohngemeinschaften und Betreute Wohngruppen: Art. 18 Beratung, Art. 19 Qualitätsanforderungen in selbstgesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaften, Art. 20 Qualitätsanforderungen in Betreuten Wohngruppen, Art. 21 Externe Qualitätssicherung in selbstgesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaften und Betreuten Wohngruppen, Art. 22 Interne Qualitätssicherung in selbstgesteuerten ambulant betreuten Wohngemeinschaften, und Art. 23 Ordnungswidrigkeiten und Art. 24 Zuständigkeit

Gremium der Selbstbestimmung in selbstbestimmter abWG

Im Art. 22 PfleWoqG ist geregelt, dass ein Gremium der Selbstbestimmung in einer selbstgesteuerten abWG einzurichten ist. In der vorherigen Fassung des PfleWoqG bestand noch die Einschränkung, dass „in der Regel“ ein Gremium einzurichten ist. In diesem Gremium sind alle Mieterinnen und Mieter und für den Fall, dass diese ihre Angelegenheiten nicht mehr selbstständig regeln können, die Vertretungs- und Betreuungspersonen vertreten und stimmberechtigt. Die Vermieterinnen und Vermieter sowie die Pflege- oder Betreuungsdienste haben in diesem Gremium kein Stimmrecht. Weiterhin ist geregelt, dass die stimmberechtigten Personen eine Gremiumssprecherin oder einen Gremiumssprecher aus ihren Reihen bestimmen müssen. Außerdem leitet die Gremiumssprecherin oder der Gremiumssprecher das Gremium und beruft die Sitzungen ein; die Aufgabe kann nicht auf Dritte übertragen werden.

Trägergesteuerte abWGs

Liegen die Voraussetzungen für die selbstgesteuerte abWG nicht vor, handelt es sich um eine trägergesteuerte ambulant betreute Wohngemeinschaft (vgl. Art. 2 Abs. 4 S. 4 PfleWoqG).

Für trägergesteuerte abWGs und abWGs mit mehr als 12 pflege- oder betreuungsbedürftige Personen finden die Bestimmungen des zweiten Teils Besondere Vorschriften für stationäre Einrichtungen und besondere Wohnformen der Eingliederungshilfe des PfleWoqG Anwendung (vgl. Art. 2 Abs. 4 S. 6 PfleWoqG):

  • Abschnitt 1 Anforderungen an Träger und Leitung (Art. 3–10)
  • Abschnitt 2 Aufgaben und Befugnisse der zuständigen Behörde (Art. 11–17)
  • Abschnitt 3 Erstellung und Veröffentlichung von Ergebnisprotokollen (Art. 17a–17d)

In den trägergesteuerten abWGs werden keine Bewohnervertretungen wie in Art. 9 PfleWoqG beschrieben, sondern ein Gremium der Selbstbestimmung zur Regelung der Angelegenheiten des täglichen Lebens eingerichtet.

Feststellung der selbstgesteuerten oder trägergesteuerten abWG

Gemäß Art. 21 Abs. 5 S. 1 wird bei der ersten Regelprüfung durch die zuständige Behörde festgestellt, ob die Vorausaussetzungen für eine selbstgesteuerte abWG vorliegen. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, wird durch die Behörde die das Vorliegen der abweichenden Wohn- oder Einrichtungsform festgestellt. Die Gründungsabsicht einer selbstgesteuerten abWG sind der zuständigen Behörde spätestens drei Monate vor Gründung anzuzeigen. Wird die selbstgesteuerte abWG nicht durch einen Initiator gegründet oder begleitet, haben die Mieterinnen und Mieter die Absicht der Gründung anzuzeigen. Die Anzeige muss eine Konzeption, Musterverträge zur Wohnraumüberlassung und zu den Pflege- und Betreuungsleistungen sowie ein Leistungsangebot enthalten. Wird beabsichtigt, eine selbstgesteuerte abWG aufzulösen, muss dies der zuständigen Behörde unverzüglich angezeigt werden. (Art. 21 Abs. 1 S. 1-5 PfleWoqG).

PfleWoqG und AVPfleWoqG

Das Ordnungsrecht in Bayern wird durch das „Gesetz zur Regelung der Pflege-, Betreuungs- und Wohnqualität im Alter und bei Behinderung (Pflege- und Wohnqualitätsgesetz – PfleWoqG)“ geregelt, ergänzend gibt es dazu die „Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes und Weiterbildung in der Pflege und Hebammenkunde (AVPfleWoqG)“. Aufgrund der Novellierung des PfleWoqG wird auch eine Veränderung des AVPfleWoqGs nötig sein. In der AVPfleWoqG sind noch einige Punkte für die abWGs weiter zu regeln. Beispielsweise besagt Art. 25 Abs. 2a PfleWoqG, dass das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) durch Rechtsverordnung Bestimmungen zur ordnungsgemäßen Ausübung eines Gremiums der Selbstbestimmung in abWGs, insbesondere zu Aufgaben, Rechten und Pflichten sowie Organisation und Entscheidungsfindung, zu schaffen sowie Anforderungen an die persönliche und fachliche Eignung der vom Pflege- und Betreuungsdienst eingesetzten Beschäftigten zu regeln sind.

Somit ist das novellierte PfleWoqG seit 01.08.2023 bereits in Kraft getreten, die Ausführungsverordnung muss jedoch noch verändert werden.

Weiterhin weisen wir die Intensiv-abGWs auf folgende Änderung für die außerklinische Intensivpflege im PfleWoqG hin:

Unter den Qualitätsanaforderungen in Art. 3 Abs. 2 Nr. 5 Buchst. d PfleWoqG wird herausgestellt, dass der Träger sicherzustellen hat, dass die ärztliche und gesundheitliche Betreuung gewährleistet wird, insbesondere „bei außerklinischer Intensivpflege die einschlägigen Anforderungen an die ärztliche, gesundheitliche und pflegerische Betreuung schwerstpflegebedürftiger oder beatmungspflichtiger Menschen und der sachgerechte Umgang mit medizinischen Geräten beachtet werden“.

Weitere Informationen

Das PfleWoqG finden Sie hier: https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayPfleWoqG

Was zeichnet eine selbstgesteuerte ambulant betreute Wohngemeinschaft aus?

Hauptmerkmale: Pflege- bzw. betreuungsbedürftige Personen leben selbstbestimmt in einer Wohnung oder einem Haus zusammen, um sich gemeinsam die notwendigen Unterstützungsleistungen zu organisieren/einzukaufen.

Umsetzung: Zwei bis maximal 12 abWG-Mitbewohnerinnen und -bewohner (empfohlen werden 8-10) leben in einer Wohnung. Sie teilen sich Wohn-/Esszimmer und Küche. Jede/r hat sein/ihr eigenes Zimmer (individueller Wohn-/Schlafbereich). Das Alltagsleben findet im gemeinschaftlichen Wohnzimmer und der Küche statt. Gut geeignet ist eine große Wohnküche. Alle Entscheidungen werden eigenverantwortlich von den in der abWG lebenden Personen bzw. ihren Angehörigen oder gesetzlichen Vertreterinnen und Vertretern getroffen. Dazu schließen sich Mieterinnen und Mieter bzw. deren Angehörige oder gesetzlichen Vertreter in einem Gremium zusammen. Das Gremium kommt in regelmäßigen Abständen zusammen (ca. 6-8 Wochen). Die Mieterinnen und Mieter werden von einem selbst gewählten und beauftragten Pflege- und / oder Betreuungsdienst versorgt.

Wesentliches Unterscheidungsmerkmal zu Institutionen: Dem Konzept einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft liegt der Paradigmenwechsel von einer trägergesteuerten hin zu einer nutzergesteuerten Wohnform zugrunde. Dies setzt insbesondere bei Initiatorinnen und Initiatoren ein Umdenken in ihrem Selbstverständnis voraus. Während in einer stationären Einrichtung (Heim) der Einrichtungsträger entscheidet, treffen in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft die Mieterinnen und Mieter bzw. deren Angehörige oder deren gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter, die sich zu einem Gremium der Selbstbestimmung zusammenschließen, alle Entscheidungen, die das Gemeinschaftsleben betreffen, selbst. Pflege- und Betreuungsdienst haben in der Wohngemeinschaft ausschließlich einen Gaststatus und können gewechselt werden. Das Gremium der Selbstbestimmung steht unter der Herausforderung, die Bedürfnisse und Wünsche der eigenen Person / des Angehörigen, aber auch die Interessen aller Mieterinnen und Mieter in den Blick zu nehmen und die gemeinsame Verantwortung für die ganze Wohngemeinschaft zu übernehmen.

Zielgruppen: Besonders für Menschen mit Demenzerkrankung haben sich ambulant betreute Wohngemeinschaften gut bewährt. Sie stellen jedoch auch eine alternative Wohnform für somatisch pflegebedürftige Erwachsene dar.

Zentrale Rahmenbedingungen: Bayerisches Pflege- und Wohnqualitätsgesetz - PfleWoqG

  • Die Selbstbestimmung der Mieterinnen und Mieter ist gewährleistet. Sie schließen sich zu einem Gremium der Selbstbestimmung zusammen. Das Gremium ist Herzstück der abWG!
  • Alle Dienstleistungsanbieter (Pflege, Betreuung, Hauswirtschaft etc.) sind frei wählbar und können unabhängig vom Mietvertrag gekündigt werden. Auch der Umfang der beauftragten Leistungen ist, je nach persönlichem Bedarf, frei wählbar.
  • Die Pflege- und Betreuungsdienste sind Gäste in der ambulant betreuten Wohngemeinschaft. Das heißt, sie haben keine Räume (Büro, Umkleide, ...) in oder in enger Verbindung mit der Wohngemeinschaft.
  • Es leben maximal 12 Mieterinnen und Mieter in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft.
  • Jede Wohngemeinschaft ist für sich baulich, wirtschaftlich und organisatorisch selbständig und es befinden sich nicht mehr als zwei abWGs des selben Initiators in räumlicher Nähe.

Für den Aufbau ist eine staatliche Anschubfinanzierung möglich. Beim Aufbau sind einige Grundsätze zu beachten (Bayerisches Pflege- und Wohnqualitätsgesetz - PfleWoqG).